15.05.2018
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Einleitung: 

Fast zwei Jahrzehnte sind vergangen, seit Norman Finkelstein das Buch „Die Holocaust Industrie“ veröffentlichte, das eine heftige Debatte insbesondere in Deutschland auslöste. Die Thesen seiner Untersuchung seien jedoch heute nicht mehr umstritten, so Finkelstein. Er habe in dem Buch aufgezeigt, wie der Holocaust seit dem Sechstagekrieg von 1967 zunehmend als ideologische Waffe benutzt werde, um Kritik am Verhalten israelischer Regierungen abzuwehren. Zudem sei die Vernichtung der europäischen Juden als finanzielle Waffe verwendet worden, um „Europa zu schröpfen“. Dabei habe der in den USA ansässige Jüdische Weltkongress Entschädigungszahlungen nicht an die Überlebenden weitergereicht. Finkelstein, selbst Sohn von zwei Holocaust-Überlebenden, erinnert sich, dass seine Mutter vom Weltkongress nur eine kleine Summe erhalten habe, während sein Vater bis zu seinem Tod jeden Monat einen Scheck vom deutschen Staat erhielt.

Gäste: 

Norman Finkelstein, US-amerikanischer Politologe und Autor zahlreicher Bücher zum Israel-Palästina-Konflikt. Finkelstein ist Sohn von Holocaust-Überlebenden.

Transkript: 

David Goeßmann: Zum Schluss: Als ihr Buch „Die Holocaust-Industrie“ im Jahr 2000 in Deutschland erschien hat es eine hitzige Debatte entfacht. Was ist die Holocaust-Industrie, was haben sie darüber herausgefunden und wie begegnen Sie dem Vorwurf, Ihre Studie sei ungenau und bediene antisemitische Einstellungen?

Norman Finkelstein: Ich fange mit Ihrer letzten Frage an. Das Buch ist heute nicht mehr umstritten. Ich schrieb damals, dass Israel den Holocaust durch die Nazis als ideologische Waffe instrumentalisiert hat, um seine Kritiker mundtot zu machen. Nach all dem Leid, das den Juden widerfahren sei, dürfe man sie nicht mit demselben moralischen und rechtlichen Maßstab messen, wie alle anderen. Darum ging es letztendlich. Der Holocaust sei beispiellos und einzigartig. Wenn aber das Leid einzigartig sei, dürfe man Israel nicht mit konventionellen moralischen und rechtlichen Maßstäben messen, sondern man brauche hierfür einen einzigartigen Maßstab. So wurde aus dem Holocaust eine politische Waffe. Und gleichzeitig – das war in den 1990ern – diente er als finanzielle Waffe, um Europa zu schröpfen: Die sogenannte Wiedergutmachung für den Holocaust. Heute leugnet niemand mehr, dass Israel den Holocaust als politische Waffe verwendet und sogar Abraham Berg, der ehemalige Vorsitzende der israelischen Knesset, benutzt in seinem Buch über den Holocaust auf Seite 4 genau diesen Ausdruck: Holocaust-Industrie. Damals empörten sich alle über diesen Begriff und heute ist er zu einem Gemeinplatz geworden. Was den finanziellen Aspekt angeht: Raul Hilberg, der Begründer der Holocaustforschung als Disziplin und Autor des dreibändigen Standardwerks „Die Vernichtung der europäischen Juden“ hat meine Ergebnisse nicht nur als korrekt und fundiert bezeichnet, sondern sogar als konservativ. Das wahre Ausmaß dieser betrügerischen Abzocke war noch viel größer. Er selbst sagte schon vor mir im Jahr 1999 – Zitat: „Erstmalig in der Geschichte setzen Juden die Waffe der Erpressung ein.“

David Goeßmann:  Und welche Gruppen waren daran beteiligt?

Norman Finkelstein: Viele der jüdischen Organisationen in den USA, vor allem der Jüdische Weltkongress unter dem … Multimilliardär Edgar Bronfman und seinem Handlager Rabbi Israel Singer, der am Ende Geld veruntreut hat. Es war schon merkwürdig, dass sie die Schweizer wegen ihrer Geheimkonten angegriffen haben, und später herauskam, dass Singer das veruntreute Geld ausgerechnet auf einem Schweizer Geheimkonto geparkt hatte. Singer verschwand von der Bildfläche wie viele von ihnen. Die meisten landeten im Gefängnis oder wurden zu Gaunern. Alan Hevesi, Burt Neuborne… Er hat immer gesagt „Ich mache alles ehrenamtlich.“ Ich nannte ihn den ehrenamtlichen Holocaust-Abzocker. Für die Verhandlungen mit Deutschland hat er 4 Millionen abkassiert, und wollte genauso viel auch für die Schweiz haben. Schließlich veröffentlichte sogar die New York Times, die immer hinter der Holocaust-Abzocke stand, einen Leitartikel, in dem stand: Schauen Sie, Herr Neuborne, es wird langsam unanständig und peinlich. Sie sind ein Schwindler. Der einzige, der nicht ins Gefängnis gekommen ist, bin ich.

David Goeßmann: Sie sagen, die Deutschen hätten den Holocaust-Überlebenden mehr bezahlt als die Jewish Claims Conference.

Norman Finkelstein: Die Deutschen haben sich nicht lumpen lassen. Ihre Motive sind diskutabel, aber die Summen waren anständig. Leider ging ein Teil des Geldes an die Jewish Claims Conference, die ich lieber als Jüdische Gaunerkonferenz bezeichne, und das Geld kam einfach nicht bei den Überlebenden an. Mein Vater wurde direkt von den Deutschen bezahlt. Er bekam jeden Monat pünktlich seinen Scheck, daran erinnere ich mich noch ganz deutlich. Die Schecks kamen in auffälligen blauen Umschlägen mit dem Absender Hannover. Sie kamen regelmäßig jeden Monat und selbst als mein Vater im Krankenhaus war und im Sterben lag, musste ich jeden Monat zum deutschen Konsulat gehen und beweisen, dass er noch am Leben war. Typisch deutsche Gründlichkeit. Aber wenigstens erhielt er die Schecks bis zuletzt. Meine Mutter sollte aus Gründen, die ich nicht näher ausführen will, von der Jewish Claims Conference – der Gaunerkonferenz – ausbezahlt werden und erhielt 3.000 Dollar. Insgesamt.