02.12.2016
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Einleitung: 

Die vom Krieg heimgesuchten Länder, von Afghanistan, Irak, Jemen, Somalia bis Libyen, seien das „Vermächtnis der gescheiterten US-Außenpolitik. Diese Politik, die Amerikaner vor Terrorismus beschützen und Demokratie in die Region bringen sollte, hat genau das Gegenteil erreicht.“ So seien 15 Jahre nach 9/11 immer noch zehntausende amerikanische Soldaten und Söldner in Afghanistan. Es sei weiter das Land, in dem es um die Gesundheit von Kindern und die Müttersterblichkeitsrate am schlimmsten bzw. am zweitschlimmsten bestellt ist. Die UN habe jetzt sogar herausgefunden, dass 42 % der Kinder dort niemals eine Schule besuchten hätten oder sie vor der 5. Klasse abgebrechen würden. Die Bush-Administration habe 2001 aus einem Verbrechen einen Kriegsakt gemacht und Afghanistan überfallen, obwohl das Land nicht an den Anschlägen beteiligt gewesen sei. Jetzt werde von einer „Offensive gegen Mossul“ gesprochen. Doch in einer Umfrage sagten 84 % der Einwohner der Stadt, dass sie sich gar nicht befreien lassen wollen, sondern Angst davor hätten. „Die Vorstellung, dass die USA Menschen ‚befreien‘ ist schlicht falsch. Es ist eine Lüge.“

Gäste: 

Phyllis Bennis, Institute for Policy Studies, Washington D.C.

Transkript: 

David Goeßmann: Seit 2001 der sogenannte „Krieg gegen den Terror“ von den USA ausgerufen wurde, fand eine Reihe von Kriegen, von Afghanistan, über den Irak bis Libyen statt. Darüber hinaus verfolgen Spezialeinheiten und Kampfdrohnen der USA sogenannte „feindliche Kämpfer“, Töten ohne Transparenz und Gerichtsverfahren außerhalb von Kriegsgebieten, wobei oft Zivilisten zu Opfern werden. Wie sieht die Situation in der Region aus? Was sind die Konsequenzen der US-Außenpolitik seit 9/11?

Phyllis Bennis: Die von ihnen genannten Länder, die vom Krieg heimgesucht wurden, ob Afghanistan, Irak, Jemen, Somalia, Libyen, die ganze Bandbreite: Sie alle sind das Vermächtnis der gescheiterten US-Außenpolitik. Diese Politik, die Amerikaner vor Terrorismus beschützen und Demokratie in die Region bringen sollte, hat genau das Gegenteil erreicht. Amerikaner sind heute einem höheren Terror-Risiko ausgesetzt als je zuvor. Zum Glück gab es bisher nicht viele Anschläge. Wichtiger ist jedoch: Die Politik ist verantwortlich für das Abschlachten vieler Unschuldiger in der ganzen Region. Das Versagen ist enorm. In Afghanistan sind auch 15 Jahre nach Beginn der US-Besatzung noch tausende Soldaten und zehntausende Söldner privater Militärfirmen in Afghanistan, Es ist noch immer das Land in der Welt, in dem es um die Gesundheit von Kindern und die Müttersterblichkeitsrate am schlimmsten bzw. am zweitschlimmsten bestellt ist. Manche sagen: Zumindest können die Kinder jetzt zur Schule gehen. Der Sondergutachter für Afghanistan hat vor kurzem festgestellt, dass selbst das nicht stimmt. 42% der afghanischen Kinder sind entweder nie zur Schule gegangen oder mussten sie vor der 5. Klasse abbrechen. Denn viele der Schulen, die vom US-Militär beauftragte Unternehmen bauen sollten, wurden entweder t nie gebaut. Es wurde schlicht gelogen. Oder aber es gab keine Lehrer dort, da keine ausgebildet wurden, es gab kein fließendes Wasser oder die Kinder konnten nicht sicher zur Schule gehen, da Krieg herrscht und US-Kampfjets Bomben abwerfen, bei ihrer angeblichen Suche nach Taliban-Kämpfern. Und das ist nur Afghanistan. Im Irak, nach zehn Jahren US-Besetzung und Krieg, sind große Gebiete jetzt unter IS-Kontrolle. Man hört immer wieder von der „Offensive gegen Mossul“. „Wir jagen den IS!“. Das ist doch schrecklich! Es leben 650.000 Menschen in Mossul. Was wird aus ihnen? Sie können nicht fliehen, der IS verbietet es. Wenn die USA den IS in der Stadt bombardieren, sterben Menschen. Was soll es heißen: „Wir befreien sie vom IS“? Vor kurzem wurde in Mossul eine Umfrage durchgeführt. 84% der Einwohner sagten: „Wir wollen nicht befreit werden, wir haben Angst!“. Die Vorstellung, dass die USA Menschen „befreien“, ist schlicht falsch. Es ist eine Lüge. Am 11. September 2001, nach den entsetzlichen Anschlägen, welche in der Tat ein Verbrechen gegen die Menschheit waren, hat sich die Welt nicht verändert. Nicht am 11., sondern am12. September wurde alles anders. Als George Bush sagte, dass die Antwort auf dieses Verbrechen ein weltweiter Krieg sein wird. Die USA machten aus einem Verbrechen einen kriegerischen Angriff. Die USA reagierten dann mit einem Krieg gegen Afghanistan. Doch keiner der Flugzeugentführer war Afghane. Sie lebten nicht in Afghanistan, sondern in Hamburg. Trainiert haben sie auch nicht in Afghanistan, sondern in Florida. Ihre Flugschule war nicht in Afghanistan, sondern in Minnesota.