Im Mai 2012 wird in Rio de Janeiro die große Nachfolgekonferenz des Erdgipfels von 1992 stattfinden. Mit der Konferenz sind aber nicht nur Hoffnungen verbunden sondern auch Befürchtungen, dass dort unter dem Mantel einer „grünen Wirtschaft“ gefährliche großtechnische Projekte weiter vorangetrieben werden.
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Fabian Scheidler: Für 2012 ist eine große UN-Umweltkonferenz in Brasilien geplant: Rio plus 20. Was wird dort in Hinsicht auf Geo Engeneering und so genannte “grüne” Wirtschaftsstrategien geplant? Wie bewerten sie das und kann dem begegnet werden?
Pat Mooney: Es gibt bereits zwei Punkte, die in Rio plus 20 diskutierten werden. Drei Dinge werden dort aber tatsächlich geschehen. Eine Strategie ist, ein Konzept zu erarbeiten für eine grüne Ökonomie, das von der ganzen Welt akzeptiert wird, mit den entsprechenden Technologien, die die Probleme zu lösen im stande sind. Das ist eine der Schlachten, die geschlagen werden muß. Was meinen wir also mit grüner Ökonomie? Welche Technologien meinen wir? Sind sie sicher? Ist es tatsächlich eine grüne Wirtschaft? Der nächste Punkt ist die Art und Weise wie wir auf der UN-Ebene die Umweltfragen behandeln werden, wie die natürlichen Resourcen verwaltet werden in Zukunft. Es gibt den Vorschlag, einen neue UN Agentur zu gründen, die diese Fragen nach Rio plus 20 ansprechen soll. Also das ist ein wichtiger Punkt. Wie geht man damit um, wie reguliert man das. Der dritte Punkt, der noch nicht offiziell auf der Tagesordnung ist, ist der Transfer von Technologie. Wie bringen wir diese grünen Ökonomien in den globalen Süden? Was wir dahinter sehen ist die Diskussion, zu welchen individuellen Urheberrechte der Norden dem Süden Zugang gieben will, und zwar geht es dabei wieder um Technologien, die wir an sich für problematisch halten. Und wird es da Regulierungen geben, die den Süden in diesem Prozess vor gefährlichen Technologien schützen. Darum wird es in Rio gehen.
David Goeßmann: Ich denke, dass es einen starken Glauben der Wissenschaftsgemeinschaft an diese Technologien gibt. Gibt es Möglichkeiten, technokratische Lösungen, die von oben vorgegben werden, herauszufordern? Und gibt es Räume für demokratische Partizipation
Pat Mooney: Das ist absolut der Fall. Wir versuchen das hier bereits auf dem Weltsozialforum. Zwei Tage lang hatten wir als eine Art Ableger des Weltsozialforums das Weltforum der Wissenschaften und Demokratie. Das war eine intensive Diskussion von hunderten von uns aus der ganzen Welt, die über die Demokratisierung der Wissenschaft sprachen. Die Frage ist, wie wir die Öffentlichkeit dahin bekommen, dass sie mitentscheidet, welche Technologien gut sind und welche nicht, oder doch Anweisungen gibt, wohin sich Forschungsprojekte bewegen sollten. Das war eine große Diskussion und daraus hervor ging der Aufruf an das Weltsozialforum und die Regierungen, das zum Thema zu machen. Wir wollen in dieser Frage bei Rio plus 20 einbezogen werden. Wir denken, dass es wichtig ist, dass die Gesellschaften an der großen Konferenz beteiligt werden. Wir alle sollten da ein Wort mitreden. Rio plus 20 ist ein außerordentlich wichtiger Moment. Es ist auch ein gefährlicher Zeitpunkt. Aber um ehrlich zu sein, wir haben eine gute Chance, etwas zu verändern. Die Regierungen sind nicht gut organisiert. Auch die Unternehmen wissen noch nicht recht, wie sie vorgehen wollen. In einer auf Mißverständnissen basierenden Debatte zwischen Frankreich und Brasilien zum Beispiel, wo nicht klar ist, wohin sie gehen wollen und wie weit das gehen soll, könnten wir von der Zivilgesellschaft kommen und sagen: "Wir entscheiden jetzt. Das wird gemacht, das nicht. Wir wollen Kontrolle über den Prozess." Es ist sehr selten, aber im Moment bin ich tatsächlich optimistisch.