12.01.2017
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Einleitung: 

Die internationale Gemeinschaft habe im Jemen versagt. Sie sei nicht ausreichend gegen die Verbrechen gegen die Menschlichkeit  vorgegangen. Das gelte auch für Syrien. Die Menschen seien im Kampf für Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie im Arabischen Frühling allein gelassen worden. Es reiche auch nicht, den Diktatoren keine Waffen mehr zu verkaufen. Die Tyrannen, die schuld an der Unterdrückung der Bürger seien, müssten auch vor Gericht zur Verantwortung gezogen werden.

Gäste: 

Tawakkol Karman, Journalistin und politische Aktivistin im Jemen. Sie erhielt 2011 den Friedensnobelpreis für ihr Engagement im Arabischen Frühling.

Transkript: 

David Goeßmann: Wie sieht momentan die Situation für die Zivilbevölkerung im Jemen aus? Was macht Saudi Arabien? Wir haben Berichte, wonach Saudi Arabien willkürlich Krankenhäuser und Zivilisten im Jemen bombardiert. Was sagen Sie dazu?

Tawakkol Karman: Die humanitäre Situation im Jemen ist sehr schlecht, da sie das Ergebnis des Kriegs ist. Sie war sehr schlecht unter dem abgesetzten Präsidenten Ali Saleh, dem Diktator. Deswegen haben wir die friedliche Revolution gegen ihn unternommen. Jetzt ist es noch schlechter, wegen des Kriegs, den er angefangen hat. Die Zivilbevölkerung ist jetzt Opfer dieses Kriegs. Ja, wir sollten über die arabische Koalition, die Saudi Arabien anführt und die die Zivilisten angreift, reden. Darüber muss man sprechen. Das muss man kritisieren. Aber wir sollten uns auch mit den Verbrechen beschäftigen, die von der Al-Houthi-Miliz und dem abgesetzten Präsidenten Ali Saleh mit Unterstützung des Iran verübt werden. Es ist also nicht fair, nur über die Rolle der von Saudi Arabien-geführten arabischen Koalition zu sprechen, ohne dieselbe Gewalt anzusprechen, die von der Al-Houthi-Miliz und von Ali Saleh ausgeht. Das ist sehr wichtig und ich rufe die Medien dazu auf, darüber zu sprechen und sich mit den Verbrechen im Jemen zu beschäftigen. Der Iran unterstützt diese Verbrechen, um die Regierung im Jemen zu stürzen und die Republik zu vernichten. Zehntausende Menschen sind unter der Al-Houthi-Miliz und Ali Saleh im Jemen verschwunden sind. Diese haben das Land und die Hauptstadt besetzt. Also ja, wir sind Opfer, Opfer dieses Kriegs. Wir sind einerseits die Opfer der Iraner, die sich im Jemen einmischen, die den vorherigen Präsidenten Ali Saleh und die Al-Houthi-Miliz in ihrem Bestreben unterstützen, sich an den Jemeniten zu rächen. Außerdem sind wir Opfer der arabischen Koalition mit den Saudis, die in diesem Krieg die Zivilbevölkerung attackiert, weil sie Präsident Hadi unterstützt und seine Rückkehr in den Jemen als legitimer Präsident fordert. Wir kritisieren alle wegen der Tötung von Zivilisten.

David Goeßmann: Was ist die Rolle der Vereinigten Staaten in diesem Konflikt? Die USA liefern wie Deutschland weiter Waffen an Saudi Arabien. Die Vereinigten Staaten töten im Jemen im sogenannten „Krieg gegen den Terror“ mit Kampfdrohnen Menschen. Angehörige von Opfern dieser außerjuristischen Tötungen haben versucht, Deutschland zu verklagen. In Deutschland befindet sich die Militärbasis, von wo aus die Satellitennavigation der Drohnen ermöglicht wird. Was ist die Verantwortung der USA und in gewissem Maße Deutschlands in Hinsicht auf den Konflikt und die Opfer im Jemen?

Tawakkol Karman: Wenn wir über die Rolle der Vereinigten Staaten sprechen dann sollten wir über die Rolle der gesamten internationalen Gemeinschaft sprechen, die ihrer Aufgabe, Menschen in ihrem Kampf um Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie zu helfen, nicht nachgekommen ist. Leider lässt sie es zu, dass die Tyrannen in ihren Ländern Menschen töten. Schauen Sie sich zum Beispiel an, was in Syrien passiert. Die internationale Gemeinschaft hat dem syrischen Volk nicht in seinem gerechten Kampf gegen den Diktator Bashar al-Assad geholfen. Die internationale Gemeinschaft ist nicht ausreichend gegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgegangen. Sie schweigt über Verbrechen, die von Diktatoren wie Bashar al-Assad oder Ali Saleh ausgehen. Sie sind Verbrecher und die internationale Gemeinschaft muss sie aufhalten. Sie muss sie ins Gefängnis bringen. Der internationale Gerichtshof sollte sie vor Gericht stellen. Die internationale Gemeinschaft sollte ihre Vermögen einfrieren, sollte ihre Vermögen beschlagnahmen und dem Volk zurückgeben. Die Verbrechen in der Welt nehmen zu, da die Staaten tatenlos zuschauen. Die Konferenz hier in Berlin ruft dazu auf, Länder daran zu hindern, Atomwaffen zu erlangen. Aber Staaten sollten jedoch nicht belohnt werden, wenn sie ihr Nuklearwaffenprogramm aufgeben. Schauen Sie sich den Iran an, wo die internationale Gemeinschaft einen Handel eingegangen ist. um die nukleare Aufrüstung des Irans zu stoppen. Der Iran wurde belohnt durch die Ermächtigung, seinen Einfluss auf der arabischen Halbinsel auszuweiten. Das ist nicht fair. Die Freiheit von Menschen wird dadurch bedroht. Die Vereinigten Staaten haben die Verhandlungen angeführt. Sie haben uns wie Sklaven verkauft, während unser Volk auf die Straße geht, um Freiheit und Gerechtigkeit zu fordern. Natürlich bin ich absolut gegen den Verkauf von Waffen jeder Art an Diktatoren. Aber das reicht nicht. Man muss die Tyrannen vor Gericht stellen. Man muss sie daran hindern Menschen zu töten. Warum schweigt die internationale Gemeinschaft über die Verbrechen? Sie reden nur. Warum schweigen sie über die Verbrechen Ali Salehs und der Al-Houthi-Miliz? Waffenlieferungen müssen gestoppt werden, das Töten insgesamt muss beendet werden. Die internationale Gemeinschaft muss endlich handeln