Der Jemen werde im Kampf der arabischen Koalition unter Saudi Arabiens Führung und den Huthi-Milizen, unterstützt vom Iran zerrieben, sagt Tawakkol Karman. Die Zivilgesellschaft leide sehr. 10 Millionen Jemeniten seien vertrieben worden. Die internationale Gemeinschaft schaue bei den Menschenrechtsverletzungen jedoch tatenlos zu. Sie habe die friedliche Revolution im Jemen seit 2011 nicht wirklich unterstützt. Jetzt sei eine Entwaffnung der Milizen notwendig, um an die ersten Schritte einer politischen Reform nach dem Arabischen Frühling wieder anzuknüpfen.
Tawakkol Karman, Journalistin und politische Aktivistin im Jemen. 2011 erhielt sie den Friedensnobelpreis für ihr Engagement im Arabischen Frühling.
Im Arabischen Frühling kämpften die Menschen im Jemen für eine neues Land, für Demokratie und Gleichberechtigung. Die friedliche Revolution sei aber gewaltsam gestoppt worden. Nach dem Coup des abgesetzten Präsidenten Ali Saleh werde das Land nun durch die Bombardements Saudi Arabiens und das Wüten der Huthi-Milizen, unterstützt von Ali Saleh und dem Iran, zerrieben. Die humanitäre Situation sei sehr schlecht, die Zivilgesellschaft leide sehr. Der Konflikt könne nur gelöst werden, wenn die Milizen entwaffnet würden. Sie könnten sich als Partei allerdings neu konstituieren. Dann müßten Wahlen folgen und über eine Verfassung abgestimmt werden. Wichtig sei auch eine wirtschaftliche Reform. Denn Frieden brauche Entwicklung, so Tawakkol Karman.
Die internationale Gemeinschaft habe im Jemen versagt. Sie sei nicht ausreichend gegen die Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgegangen. Das gelte auch für Syrien. Die Menschen seien im Kampf für Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie im Arabischen Frühling allein gelassen worden. Es reiche auch nicht, den Diktatoren keine Waffen mehr zu verkaufen. Die Tyrannen, die schuld an der Unterdrückung der Bürger seien, müssten auch vor Gericht zur Verantwortung gezogen werden.
10 Millionen Menschen sind im Jemen auf der Flucht, darunter viele Binnenvertriebene. Einige schafften es nach Dschibuti, andere fanden in Oman oder Saudi Arabien Schutz. Nur wenige, etwa 1000, so die Schätzung von Karman, seien in Deutschland angekommen. Es sei wichtig, dass die Flüchtlinge angemessen Schutz in den Ländern erhielten und als Menschen respektiert würden. Die Flüchtlingskrise sei nur zu stoppen, wenn die Kriege beendet und eine sozialer und wirtschaftlicher Aufschwung in der Region einsetze. "Wir brauchen nachhaltige Entwicklung für einen nachhaltigen Frieden, damit wir unsere Welt sicherer machen können."