Der renommierte Friedensaktivist Reiner Braun spricht im Kontext TV Interview über Wege aus der Kriegslogik. Die enormen Militärausgaben sollten jedes Jahr um 10 Prozent reduziert werden. Vor allem die nukleare Aufrüstung müsse gestoppt werden. Mit Syrien habe die westliche Destabilisierungspolitik erneut einen "failed state" erzeugt. Jetzt müsse der Stellvertreterkrieg schrittweise demilitarisiert werden. Die Proteste gegen die US-Militärbasis in Ramstein zeigten, so Braun, dass in Deutschland der Widerstand gegen "militärische Lösungen" zunehme.
Reiner Braun: Co-Vorsitzender des International Peace Bureau (IPB) und Geschäftsführer der IALANA, einer Vereinigung von Juristinnen und Juristen gegen atomare, biologische und chemische Waffen
Die weltweiten Militärausgaben steigen weiter. Im Jahr 2015 waren es rund 1,7 Billionen Euro. Auch die deutsche Regierung plant in den nächsten Jahren, ihr Militärbudget weiter aufzustocken und an die NATO-Vorgabe von 2 Prozent der Wirtschaftsleistung anzupassen. Derzeit gibt Deutschland insgesamt rund 45 Milliarden Euro für das Militär aus (bei einem Verteidigungshaushalt von 33 Milliarden Euro). Gleichzeitig erreicht die komplette Entwicklungshilfe der Industrienationen mit 130 Milliarden Dollar und 0,3 Prozent des Bruttonationaleinkommens nicht einmal die Hälfte der seit Jahrzehnten versprochenen Höhe. Das müsse sich ändern, sagt Rainer Braun, Co-Vorsitzender des International Peace Bureau auf dem Weltkongress "Disarm! For a Climate of Peace". Die internationale Friedensbewegung fordert daher, jedes Jahr die Militärausgaben um 10 Prozent zu schrumpfen, um mit dem Geld Hunger, Armut, Krankheit und die Folgen des Klimawandels zu bekämpfen.
Die USA planen ihr Atomwaffenarsenal in den nächsten 30 Jahren mit einer Billionen Dollar zu modernisieren. Taktischen Atomwaffen sollen bald auch den Einsatz in Kampfgebieten möglich machen. Zudem hat die US-Regierung das Raketenabwehrschild in Rumänien vor kurzem stationiert, das von Fachleuten aller Seiten nicht als defensive Waffe, sondern als offensives Erstschlaginstrument angesehen wird. Auch die US-Atomwaffen, die im deutschen Fliegerhorst Büchel (Eifel) gelagert sind, sollen modernisiert werden. Durch die Vergrößerung ihrer Reichweite werden sie in Zukunft russisches Gebiet erreichen können. Damit sind es strategische Waffen, die die "atomare Spirale" weiter drehen und die "Gefahr eines Atomwaffeneinsatzes erhöhen", so Reiner Braun.
"Was wir in Syrien machen ist meiner Ansicht nach die brutalste Zerstörung eines eigentlich stabilen, ökonomisch sich entwickelnden Landes", sagt Reiner Braun. Deutschland vergieße jetzt "Krokodilstränen" über Aleppo, während ihre Syrienpolitik vor Ausbruch der Kämpfe mit dazu beigetragen habe, das Land zu destabiliseren. In Libyen habe man ohne moralische Bedenken die Zielinformationen für Bomben geliefert, die 15.000 Menschen töteten. Alle Bundeswehreinsätze der letzten Jahre seien ein Fiasko gewesen. Statt Befriedung, Demokratie und Entwicklung zu bringen hätten die Einsätze Chaos und mehr Terror erzeugt.
Tausende Menschen protestierten im Juni diesen Jahres an der US Militärbasis Ramstein in Rheinland-Pfalz. Es ist die größte Militärbasis außerhalb der USA. Gefordert wird das Ende des völkerrechtswidrigen US-Drohnenkriegs, der in Ramstein technisch ermöglicht wird, und auf längerer Sicht die Schließung des US-Stützpunkts. Der Drohnenkrieg werde in der deutschen Bevölkerung zunehmend kritisch gesehen. Die Mobilisierungserfolge gehen auch auf eine Öffnung der Friedensbewegung zurück. Kritikern der Öffnung antwortet Braun, dass die Bewegung auf ihren Höhepunkten der 80er Jahre nicht nur von Linken sondern auch von vielen Konservativen mitgetragen wurde. Die Friedensbewegung müsse wieder eine "breite gesellschaftliche Bewegung werden", die "keine linke Bewegung ist, in der Linke aber eine wichtige Rolle spielen".