Die Mittelschicht betrügt sich weiter selbst, sagt Herrmann. In der Vergangenheit habe sie für Steuer- und Sozialgesetze gestimmt, die der Oberschicht und eben nicht der Mittelschicht dienen. In der Finanz- und Bankenkrise habe sie die Rettung der großen Vermögen mitgetragen - zu Lasten der Allgemeinheit. Indem sich die Mittelschicht mit den Eliten solidarisiere und sich von der Unterschicht abgrenze, schade sie sich weiter selbst. Auch Fremdenfeindlichkeit werde dadurch genährt. Protestbewegungen wie die Occupy-Bewegung dagegen könnten das Bewusstsein verändern und zu einem "New Deal" führen, der die großen Einkommen und Vermögen zur Finanzierung der Krisenkosten heranzieht. Das sei auch deshalb notwendig, weil nur egalitäre Gesellschaften fähig seien, auch die großen Herausforderungen der ökologischen Krise zu bewältigen.
Ulrike Herrmann, wirtschaftspolitische Korrespondentin der TAZ, Buchautorin ("Hurra, wir dürfen zahlen: Der Selbstbetrug der Mittelschicht")