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Einleitung:
Am 23. September (Dienstag) findet in New York eine UN-Klimakonferenz mit Staats- und Regierungschefs statt. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat bereits klar gemacht, dass sie daran nicht teilnehmen wird. In Deutschland, ein Land, das oft als Klimamusterland angesehen wird, steigen die CO-2-Emissionen seit Jahren wieder. Für Nnimmo Bassey steht fest, dass die Regierungen unfähig sind, angemessen auf den Klimawandel zu reagieren, da sie den großen Unternehmen, insbesondere der fossilen Brennstoffindustrie, hörig seien. Sie müssten dafür zur Verantwortung gezogen werden. Der "Funke der Hoffnung liegt bei den Menschen", so der renommierte Klimaaktivist aus Nigeria. Am Sonntag (21. September) findet ein “People’s Climate March” in New York City statt. Es könnte die größte Klimaprotestveranstaltung aller Zeiten werden. Auch in Berlin und Köln sind Aktionen geplant. Die Demonstranten, so Bassey, sollten die Rückzahlung der Klimaschulden an den Globalen Süden fordern und zur Kürzung der Militärausgaben für den Klimaschutz aufrufen. Zudem sollten die Menschen überall auf der Welt zu den Tatorten der Klimasünden, wie den Ölfeldern in Nigeria oder dem Braukohletagebau im Rheinland, marschieren und den Konzernen zurufen: "Ihr seid Klimaverbrecher. Es reicht. Hört endlich auf!"
Gäste:
Nnimmo Bassey, “Environmental Rights Action” / „Oilwatch Network“; von 2008 bis 2012 Vorsitzender von “Friends of the Earth International”; Autor des Buchs “To Cook a Continent”, Träger des “Alternativen Nobelpreises".
Transkript:
David Goessmann: Unser nächster Gast ist Nnimmo Bassey. Nimmo Bassey ist im Vorstand der Umweltorganisation “Environmental Rights Action” und arbeitet für das „Oilwatch Network“. Von 2008 bis 2012 war er Leiter von “Friends of the Earth International”. Er ist Autor des Buchs “To Cook a Continent” über die Klimakrise in Afrika. In 2010 erhielt er den “Right Livelihood Award”, besser bekannt als Alternativer Nobelpreis. Welcome again to Kontext TV, Nnimmo Bassey.
Nnimmo Bassey: Thank you.
David Goessmann: Am 23. September findet in New York ein UN-Klima-Treffen mit Staats- und Regierungschefs statt. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat bereits klar gemacht, dass sie daran nicht teilnehmen wird. In Deutschland, das oft als Klimamusterland angesehen wird, steigen die CO-2-Emissionen seit Jahren wieder. In den USA hat Obama angekündigt, ein bindendes Klima-Abkommen nächstes Jahr in Paris nicht anstreben zu wollen. Wo stehen wir heute und wohin steuert die Staatengemeinschaft?
Nnimmo Bassey: Wir dürfen den Klimaschutz nicht den Regierungen überlassen. Eigentlich hätten sie die Macht dazu aber Regierungen sind immer den großen Unternehmen hörig und tun nicht was die Menschen von ihnen wollen. Sie tolerieren, dass die Unternehmen weiter die Umwelt verschmutzen und Gewinne einstreichen. Das ist äußert bedauerlich. Jede Gelegenheit, sich zu treffen ist wichtig. Wenn diese Treffen aber ergebnislos bleiben wie Kopenhagen, Cancun, Südafrika, Doha oder Warschau, wenn am Ende nur viel geredet wird, wenn Versprechen zurückgenommen oder Zusagen verweigert wurden, dann ist das nichts als Zeitverschwendung. Die Lösung, der Funke der Hoffnung liegt bei den Menschen. Den Menschen, die zwar nicht selbst verhandeln, aber Vertreter haben, die für sie verhandeln. Wir müssen unsere Regierungen zur Rechenschaft ziehen für das Leid, das uns Menschen und anderen Spezies auf diesem Planeten widerfährt. Die Regierungen sind uns Rechenschaft schuldig. Und sie müssen in die Tat umsetzen, was sie selbst zugeben, dass nämlich Business as Usual keine Option ist. Sie können nicht weiter so tun als wäre nichts und der Zerstörung freien Lauf lassen. Es ist schlimm, dass die Regierungen nichts Ernsthaftes unternehmen, obwohl die Klimakatastrophe unübersehbar vor der Tür steht. Und dass in Deutschland die Emissionen wieder steigen, obwohl die ganze Welt dachte, Deutschland sei erneuerbar und grün geworden, ist eine große Enttäuschung. Energieeffizienz kann letztlich die Emissionen nie senken, denn die Menschen nutzen ihre effizienteren Geräte einfach mehr. Sie konsumieren mehr. Darum ist Degrowth so wichtig, insbesondere für Europa. Und diese Wachstumsrücknahme sollte nicht nur anhand von Statistiken bewiesen werden. Das BIP ist ja eine statistische Größe, die den Leuten vorgaukeln soll, dass die Wirtschaft wächst. Wenn die Regierungen nun die Wachstumsrücknahme statistisch vorweisen würden, ohne eine echte Entschleunigung und einen Rückgang des Konsums, dann wäre dadurch nichts gewonnen. Wir brauchen echtes Handeln.
David Goessmann: Es wird kurz vor dem UN-Klimatreffen ein “People’s Climate March” in New York City und anderswo stattfinden. Es könnte die größte Klimaprotestveranstaltung aller Zeiten werden. Was sind die Ziele und Strategien der Klimabewegung?
Nnimmo Bassey: Die spannendste Form eines globalen Aufrufes zu Demonstrationen wären für mich Protestmärsche in Städten und Dörfern auf der ganzen Welt, nicht nur in New York. Natürlich ist es gut, auch in New York zu marschieren, aber der echte Protest muss dort stattfinden, wo die Menschen sind. Man muss die Tatorte der Klimasünden feststellen und dort demonstrieren. In Nigeria sollten wir zu den Ölfeldern marschieren und Shell, Exxon Mobile und Chevron zurufen: „Ihr seid Klimaverbrecher. Es reicht. Hört endlich auf!“ Wir müssten nicht weit gehen. Wenn man nach New York fährt und zurückkommt, dann hat man eben demonstriert. Vielleicht hören sich die Staatschefs das Ergebnis der Demo an, wenn sie es leid sind, sich selbst zuzuhören – denn dafür kommen sie ja eigentlich. Dann würden sie hören, was auf der Straße los ist. Das hätte Symbolkraft und man sollte die Konzepte und Forderungen aufgreifen, die 2010 beim alternativen Klimagipfel in Cochabamba in Bolivien erarbeitet wurden. Man sollte die Deklaration der Rechte von Mutter Erde mit einbeziehen, die Rückzahlung der Klimaschulden an den Globalen Süden fordern und zur Kürzung der Militärausgaben aufrufen. Solche Forderungen wären sinnvoll. Das sollten die Schlüsselforderungen der Bewegung für Klimagerechtigkeit sein. Zu viele Ressourcen werden für zerstörerisches Tun verbraucht. Schon die Förderung der Bodenschätze ist zerstörerisch und dann werden sie eingesetzt, um überall auf der Welt Krieg und Gewalt zu verbreiten. Und natürlich ist es für alle einfach, die Klimaschulden zu ignorieren. Aber das sind historische Schulden, die nicht vergessen werden dürfen. Sie müssen beglichen werden.