28.02.2014
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Peter Fuchs, PowerShift
Jürgen Borchert, Richter am Hessischen Landessozialgericht Darmstadt
Marianne Henkel, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
Sven Giegold, MdEP, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen Fraktion im Europaparlament

Das Handels- und Investitionsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU soll, so versprechen EU-Kommission und Wirtschaftsverbände, Wachstum und Arbeitsplätze bringen. Doch Kritiker befürchten, dass damit grundlegende demokratische, soziale und ökologische Standards auf Dauer außer Kraft gesetzt werden - insbesondere durch das umstrittene Investor-Staats-Schiedsverfahren (ISDS). Deutschland habe, so Peter Fuchs von der Organisation PowerShift, bereits in etwa 140 Investitionsabkommen vor allem mit Ländern des globalen Südens solche Schiedsverfahren eingeführt, die es deutschen Unternehmen erlauben, Regierungen wegen entgangener Profite vor außergerichtlichen Tribunalen zu verklagen. Mit TTIP könnte nun umgekehrt auch Deutschland vermehrt Ziel solcher Klagen werden. Inakzeptabel sei außerdem die geplante „regulative Kooperation“, die Lobbyisten privilegierten Zugang zur Gesetzgebung biete, sowie die aktive Geheimhaltung der Verhandlungsinhalte.

Das kanadisch-europäische Handels- und Investitionsschutzabkommen CETA, das unter strenger Geheimhaltung verhandelt wurde und im Frühjahr bereits dem EU-Parlament zur Entscheidung vorgelegt wird, beinhaltet bereits die umstrittenen Schiedsverfahren. Nicht nur kanadische sondern auch US-Firmen mit Tochtergesellschaften in Kanada könnten durch dieses Abkommen europäische Staaten verklagen, wenn sie ihre Profiterwartungen durch Umwelt- und Sozialgesetze geschmälert sehen. Sowohl gegen TTIP als auch das CETA formiert sich daher in Europa und Nordamerika breiter Widerstand.

Investor-Staats-Schiedsverfahren setzen den Rechtsstaat außer Kraft, sagt der Sozialrichter Jürgen Borchert, und das schon heute. Vattenfall etwa verklagt vor einem solchen geheimen Tribunal die Bundesrepublik auf 4 Mrd. Euro Entschädigung wegen des Atomausstiegs, andere Unternehmen belangen Ägypten wegen der Einführung eines Mindestlohns und Kanada wegen eines Moratoriums gegen die umstrittene Schiefergasförderung (Fracking). Das TTIP könnte, so Marianne Henkel vom BUND, trotz der gegenteiligen Beteuerungen der EU-Kommission dafür sorgen, dass Gentechnik, Hormonfleisch und potentiell schädliche Chemikalien leichter nach Europa kommen. Das in der EU geltende Vorsorgeprinzip drohe außer Kraft gesetzt zu werden.

Nicht nur die umstrittenen Schiedsverfahren sondern das TTIP in seiner gesamten derzeitigen Konzeption sei mit dem Demokratieprinzip nicht vereinbar, so der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold. Die Demokratie würde sich in einem solchen Handelsvertrag auf Dauer einmauern; Erhöhungen von Sozial- und Umweltstandards seien kaum mehr möglich. Trotz der inakzeptablen Geheimhaltung der Verhandlungen und struktureller Demokratiedefizite sei die EU insgesamt aber keine „Fassadendemokratie“. Die Wähler könnten auch über die Handelspolitik mitbestimmen, etwa indem sie Parteien unterstützen, die sich für eine Ablehnung des CETA-Abkommens und einen Stopp der TTIP-Verhandlungen einsetzen.