02.02.2012
Share: mp3 | Embed video
Gäste: 

Sharif Abdel Kouddous: unabhängiger Journalist in Kairo, Korrespondent für das US-Nachrichtenmagazin DemocracyNow und Fellow am The Nation Institute

Vor rund einem Jahr, im Januar 2011, begann in Ägypten der Aufstand gegen das Mubarak-Regime. Doch das Militär regiert ungebrochen weiter, nach wie vor mit massiver finanzieller Unterstützung der USA. In den letzten Monaten sind ägyptische Sicherheitskräfte gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen. Das Ergebnis: Dutzende Tote, Hunderte Verletzte und 12.000 Militärprozesse ohne rechtsstaatliche Standards gegen Zivilisten - mehr als je zuvor. Auch wenn der Militärrat nun angekündigt hat, die Notstandsgesetzgebung des Mubarak-Regimes in Teilen aufzuheben, ist es fraglich, ob das zu einer wirklichen Verbesserung der Bürgerrechte führen wird. In den nächsten Monaten soll eine Verfassung entworfen werden. Sharif Abdel Kouddous: "Das Militär hat keinen Zweifel daran gelassen, dass es seine Privilegien darin verankern möchte."

Die Parlamentswahlen in Ägypten haben erwartungsgemäß die Muslimbruderschaft als Sieger hervorgehen lassen. Überraschend war allerdings das gute Abschneiden der ultra-konservativen Salafisten. die auf knapp 25 Prozent der abgegebenen Stimmen kamen. Säkulare liberale Parteien konnten dagegen nicht einmal 20 Prozent auf sich vereinen. Die Protestbewegungen befürchten, dass das Parlament weder Macht noch Einfluss haben wird. Sharif Abdel Kouddous: "Ich denke, dass seine eigentliche Rolle der Entwurf einer Verfassung ist. Es besteht jedoch die Sorge, die Muslimbruderschaft könnte eine Art Pakt mit dem Militär eingehen und diesem einen ungestörten Abgang im Sommer ermöglichen. Der Pakt würde bedeuten, dass das Militärbudget in der Verfassung vor jeglicher Haushaltskontrolle geschützt wird und denjenigen, die den Tod von Demonstranten zu verantworten haben, Straffreiheit gewährt wird."

Im Zuge der Revolution ist die ägyptische Wirtschaft weiter in die Krise geraten. Der Internationale Währungsfonds hat dem Militärrat einen Kredit in Höhe von 3,2 Milliarden Dollar angeboten. Der ägyptische  Finanzminister hat zudem erklärt, man bitte die USA um eine Aufstockung ihrer Finanzhilfen und werde keine Änderungen am Wirtschaftssystem Ägyptens vornehmen. Die Märkte würden weiterhin frei und offen für US-Importe bleiben. Gleichzeitig fanden im September letzten Jahres massive Streiks von Angestellten des öffentlichen Dienstes statt. Gewerkschaften und Protestbewegungen fordern Mindestlöhne und Steuergerechtigkeit.