09.12.2014
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Einleitung: 

Die Finanzkrise 2008 sei bedauerlicher Weise nicht für eine notwendige radikale Reform des Bankensystems genutzt worden, so der ehemalige Investmentbanker Tony Greenham. Banken müssten eine soziale und ökologische Ausrichtung erhalten, sie müssten kleiner werden wie z.B. die deutschen Sparkassen. Regulierungen könnten Anreize schaffen, in den "grünen Wandel" zu investieren; auch eine Reform der Eigentumsstrukturen sei notwendig. Untersuchungen zeigten, dass Banken in gemeinschaftlichem Besitz resistenter gegen Krisen seien, weniger spekulierten und sich mehr an Allgemeinwohl und Ökologie orientierten. In Großbritannien kämpfe man darum, die "Royal Bank of Scotland", die in der Krise verstaatlicht wurde, nicht wieder zu privatisieren. Doch der Übergang von Privatbanken zu einem gemeinwohlorientierten Bankensystem stoße auf viele Widerstände; für den Fall einer erneuten Finanzkrise gelte es, vorbereitet zu sein, um Regierungen zu einem solchen Umbau zu drängen.

Gäste: 

Tony Greenham, New Economics Foundation, London / Transition Network

Transkript: 

Tony Greenham: Wenn wir uns fragen, welchen Einfluss das Finanzsystem auf Umwelt und Gesellschaft hat, dann müssen wir feststellen, dass Banken keine Verantwortung für die Auswirkungen ihrer Investitionen auf ökologische und soziale Zusammenhänge übernehmen. Das muss sich ändern. Es gibt drei Dinge, die zur gleichen Zeit passieren sollten: Erstens sollten die Ziele und Führungsstrukturen der Banken verändert werden. Es gibt einige Banken mit sozialer und ökologischer Ausrichtung, zum Beispiel Triodos oder die Sparkasse hier hinter mir. Ich denke, kleine, lokale Sparkassen neigen weniger dazu, große umweltschädliche Projekte zu finanzieren. Banken sind also verschieden, und wir brauchen die richtige Art von Bank. Das bedeutet, wir brauchen in vielen Ländern Reformen. Zweitens kann Regulation Anreize dafür schaffen, in den „grünen Wandel“ zu investieren, nicht in umweltschädliche Projekte. Drittens ist das Bewusstsein der Konsumenten und Sparer entscheidend bei ihrer Wahl von Produkten und Banken. Unsere Nachforschungen haben ergeben, dass Banken in gemeinschaftlichem Besitz und Sparkassen, welche eher im Interesse des Allgemeinwohls arbeiten, weniger stark von der Finanzkrise betroffen waren. Sie geben eher Kredite an die Realwirtschaft, an kleinere Unternehmen. Sie verleihen zu besseren Konditionen und über längere Zeiträume als die großen kommerziellen Banken. Diese neigen eher zu Spekulation. Es gibt also einen starken Zusammenhang dazwischen, wem eine Bank gehört, und wie sie sich verhält. Die Frage ist nur, wie man von einem System, das von Banken in Privatbesitz dominiert wird, zu einem System kommt, in dem es mehr kooperative und gemeinschaftliche Banken gibt. Das ist schwierig. In Großbritannien zum Beispiel ist eine der größten Banken in öffentlichem Besitz: Die Royal Bank of Scotland ging bankrott und musste verstaatlicht werden. Wir sind dafür, dass diese Bank nicht wieder privatisiert, also an Investoren verkauft wird, sondern eine staatliche Bank mit sozialem Mandat wird. Zugleich werden immer mehr kooperative und soziale Banken gegründet, doch sie sind klein und brauchen Zeit. Leider haben wir die Chance in der Finanzkrise 2008 nicht genutzt. Damals hätten wir viel radikalere Reformen durchführen müssen. Stattdessen wurden Steuergelder dazu benutzt, das bestehende System am Leben zu erhalten, ohne etwas zu verändern. Es könnte aber weitere Finanzkrisen geben. Sieht man sich die Geschichte an, bemerkt man, dass diese Krisen immer wiederkehren. 2008 war die Krise nur besonders schwerwiegend und fand in vielen Ländern zur gleichen Zeit statt. Durch die zunehmende Vernetzung des globalen Wirtschaftssystems verbreiten sich die Krisen immer weiter und schneller. Also sollte die Gesellschaft sich darauf vorbereiten, die Regierung bei der nächsten Krise dazu zu drängen, die Banken nicht einfach zu retten, sondern sie radikal zu verändern.