Im Sommer 2015 habe es keine "Flüchtlingskrise", sondern eine "Abschottungskrise" gegeben, stellt David Goeßmann in seiner Analyse fest. Um den Schengenraum und damit den freien Warenverkehr in der EU zu stabilisieren - und nicht aus humanitären Gründen -, habe die deutsche Regierung keine andere Wahl gesehen, als die Flüchtlinge von Ungarn weiterreisen zu lassen. Zugleich sorgte sie auf EU-Ebene mit verschärften Maßnahmen wie dem EU-Türkei-Deal dafür, dass Schutzsuchenden kaum mehr in die EU kommen können. Die Medien unterstützten den verschärften Abschottungskurs als "alternativlos", während sie mit Angstnachrichten Stimmung gegen Flüchtlinge machten, so Goeßmann. Nach dem Motto: Deutschland muss sich vor Schutzsuchenden schützen. Dabei wurde wie beim "Sodom und Gomorrha" in der Kölner Silvesternacht oder beim kriminellen Flüchtling die Realität massiv verzerrt, mit doppelten Standards berichtet und Nicht-Einheimische an den Pranger gestellt.
David Goeßmann: Journalist, Autor und Mitbegründer von Kontext TV. Vor kurzem erschien sein Buch "Die Erfindung der bedrohten Republik. Wie Flüchtlinge und Demokratie entsorgt werden".