Wirtschaftswachstum gilt für die meisten Politiker und Ökonomen als unabdingbar für die Lösung fast aller Krisen der Gegenwart, ob es die Arbeitslosigkeit, die Schuldenkrise oder die weltweite Armut ist. Doch seit dem Club-of-Rome-Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ von 1972 gibt es auch Zweifel daran, ob die Wirtschaft immer weiter wachsen kann. Schon heute verbraucht die Menschheit so viele Ressourcen, als ob sie über 1,5 Planeten verfügen würde, Klimawandel und Zerstörung der Biodiversität schreiten rasant voran. Tim Jackson, Berater der englischen Regierung und Autor des Buches „Wohlstand ohne Wachstum“, erläutert, warum Technik allein uns nicht aus dem Dilemma befreien kann.
Um aus der Wachstumsfalle herauszukommen, ist eine tiefgreifende Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft nötig, sagt Tim Jackson, Autor des Buches „Wohlstand ohne Wachstum“. Renditehungrige Finanzmärkte und eine Kultur des Konsumismus würden „perverse Anreizstrukturen“ für mehr Konsum und Ressourcenverbrauch schaffen. Um dem zu begegnen, reicht freiwilliges ethisches Investment nicht aus, es braucht eine Veränderung der Eigentumsverhältnisse zugunsten des Gemeinwohls.
Der bekannte Wachstumskritiker Niko Paech, Professor für Ökonomie an der Universität Oldenburg, und Michael Dauderstädt von der Friedrich-Ebert-Stiftung diskutieren darüber, ob Wirtschaftsschrumpfung nötig oder unausweichlich ist, wie sich Arbeitszeiten und Arbeitsverhältnisse ändern müssten, wenn wir weniger produzieren und konsumieren, und ob man ohne Wachstum aus den öffentlichen Schulden herauskommen kann.
Indien hat neben China die höchsten Wachstumsraten weltweit. Doch mit dem Wachstum nimmt auch die Armut und die Umweltzerstörung zu, sagt Vandana Shiva, weltweit bekannte Bürgerrechtlerin und Ökologin, die 1993 den Alternativen Nobelpreis erhielt. Der größte Teil der Wachstumsgewinne fließt in die Taschen von knapp 100 Milliardären. Patentierung von Saatgut beschert Monsanto hohe Wachstumsraten und treibt zugleich Millionen von Bauern in die Schuldenfalle, 250.000 haben sich in den letzten zehn Jahren umgebracht. Zugleich findet das Klimachaos in Indien bereits statt, Dürren und Überschwemmungen vernichten die Lebensgrundlagen von Bauern.
Eine Folge des weltweiten Ressourcenhungers ist der Zugriff transnationaler Unternehmen auf die Eisenerz-, Aluminium- und Uranvorkommen in den indischen Bundesstaaten Chattisgarh und Orissa. Dort leben noch zahlreiche Stämme der indischen Ureinwohner (Adivasi), die Widerstand gegen die Zerstörung ihres Lebensraumes leisten und nun in einen Bürgerkrieg zwischen Regierungstruppen, die den Zugriff auf die Ressourcen sichern sollen, und Maoisten hineingezogen werden.