Die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung sind für die Hälfte aller Emissionen verantwortlich. Dagegen emittieren die ärmsten 50 Prozent nur ein Zehntel aller Treibhausgase. Die extreme ökonomische Ungleichheit auf der Welt und die Klimafrage lassen sich nur gemeinsam lösen - oder gar nicht, so Tim Gore von Oxfam. Es sind die reichsten zehn Prozent, deren Fußabdruck dramatisch schrumpfen muss, so der renommierte Klimawissenschaftler Kevin Anderson.
Kayah George, Lummi Nation, USA
Aile Javo, Präsidentin des Saami-Rates, Norwegen
Themba Austin Chauke, La Via Campesina, Südafrika
Mariama Williams, The South Centre, Genf / Jamaika
Pablo Solón, ehem. Chef-Klimaunterhändler für Bolivien
Alice Bows-Larkin, Klimawissenschaftlerin, Tyndall Centre (GB)
Kevin Anderson, Klimawissenschaftler, Co-Direktor des Tyndall Centre
Tim Gore, Oxfam International, Autor der Studie "Extreme Carbon Inequality"
Janet Redman, Institute for Policy Studies, Washington D.C.
Lyda Fernanda Forero, Transnational Institute, Amsterdam / Kolumbien
Tadzio Müller, Rosa-Luxemburg-Stiftung
Dürren und Starkkregen in Südafrika, verheerende Hurrikans in der Karibik, verschwindende Gletscher in den Anden, Regen statt Schnee am Polarkreis: Die rasche Veränderung des Klimas untergräbt schon heute die Lebensgrundlagen von Millionen Menschen. Reis- und Maisernten könnten bei fortschreitender Erwärmung um bis zu 40% einbrechen. Besonders gefährlich sind Kipppunkte im Erdsystem, etwa das Abschmelzen der Permafrostböden, das enorme Mengen des Treibhausgases Methan freisetzen würde. Um solche Kettenreaktionen zu vermeiden, müssen wir weit schneller aus Kohle, Gas und Öl aussteigen als bisher geplant, so Kevin Anderson vom renommierten Tyndall Centre.
Die ärmere Hälfte der Menschheit ist nur für 10% der globalen Emissionen verantwortlich, während die reichsten 10% die Hälfte aller Emissionen produzieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Organisation Oxfam. Tim Gore, der Autor der Studie, betont, dass die am wenigsten Verantwortlichen zugleich die Auswirkungen der Klimakrise am härtesten zu spüren bekommen. Klimagerechtigkeit bedeutet daher, dass vor allem die Reichen ihre Emissionen rasch verringern und zugleich Finanzen für Anpassungsmaßnahmen bereitstellen. Doch statt der notwendigen Reduktion vom 80% bis 2030 hat die EU bisher nicht einmal die Hälfte angeboten. Anstelle der erforderlichen 1,5 Billionen Dollar pro Jahr für Anpassung und Strukturwandel ist bei den Klimaverhandlungen nur von 100 Millarden die Rede – deren Bereitstellung außerdem noch fragwürdig ist.
Der Emissionshandel hat als Instrument gegen den Klimawandel versagt. Da es keine globale Obergrenze für CO-2-Emissionen gäbe, sind Schlupflöcher entstanden, die z.T. Mehremissionen erzeugen, so Alice Bows-Larkin vom Tyndall Centre. Zudem würden problematische Projekte wie Megastaudämme gefördert. Die Einbeziehung von Wäldern und Böden in den Emissionshandel folge zudem einer „perversen Logik“, so der bolivianische Ex-Chefunterhändler Pablo Solón. Nur diejenigen, die weniger als vorher abholzen, würden mit Emissionszertifikaten belohnt. Beunruhigend sei vor allem, dass zunehmend Kohlendioxid-Speicherung und Geo-Engeneering als Zukunftslösungen einkalkuliert würden. Statt solche gefährlichen Lösungen zu verfolgen müsse die Politik die Ursachen der Verschmutzung stoppen. Die Förderung von Kohle, Öl und Gas müsse gedrosselt werde. Stattdessen hielten die Regierungen weiter an einem System fest, das aus dem Klimaschutz ein Business mache.
Der Infrastrukturumbau von fossilen Energien hin zu erneuerbaren müsse fair ablaufen und die Arbeiter einschließen, sagt Janet Redman vom Institute for Policy Studies. Dafür brauche man eine progressive Kohlenstoffsteuer und staatliche Ordnungspolitik. Die Maßnahmen sollten vor allem die Reichen dazu bringen ihren Lebensstil zu schrumpfen, während arme Schichten die Chance erhielten, sich weiter zu entwickeln. Die Möglichkeiten, über technische Lösungen die Emissionen gemäß des 2-Grad-Ziels zu reduzieren, seien jedoch begrenzt. Daher, so Bows-Larkin, müsste auch die Nachfrage an Energie reduziert werden. Kleinbäuerliche und kommunale Lösungen sollten stärker verfolgt werden. In Deutschland, so Klimaaktivist Tadzio Müller, müsse das klimaschädliche Handelsabkommen TTIP verhindert, die Autoindustrie geschrumpft und der Kohleausstieg in einem Jahrzehnt vollzogen werden. Dazu sei auch ziviler Ungehorsam notwendig.